Sonntag, 23. Oktober 2016

alltagsstill

heute stand ich in der küche, die ofenlüftung blies, die spaghettireste vom mittag brutzelten, aus dem bad klang wassergeplätscher und aus dem wohnzimmer quakte die gummibärchenbande. auf meinem rücken zappelte sich das baby in den schlaf. ich hatte abendessen vorbereitet, es fehlten noch die granatapfelkerne, die ich aus den granatapfelvierteln pulte. purpurfarbener saft an meinen händen, alle kinder versorgt und vorversorgt und eine ewigkeit steht alles still und fließt.

für heute: alltagsstill

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Donnerstag, 20. Oktober 2016

angstfraß


angst fressen seele auf, wissen wir ja. die eigene seele, weil man die überraschungen des lebens nicht mehr freien herzens annehmen kann, vielleicht, schlimmer noch, gar keine überraschungen mehr erlebt (das dilemma ist schön hier erzählt, ab 3:56). aber auch die seele einer gesellschaft wird durch angst zer- und aufgefressen. dann sehen wir das eigene im anderen nicht mehr. dann glauben wir denen, die sagen, dass wir unser eigenes vor fremden schützen müssen. dass wir grenzen ziehen und bürokratische trennungen vornehmen müssen dass wir das recht haben, dazu gewalt im herzen zu nähren und mit den händen anzuwenden.
oder:

für heute: angstfraß

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Sonntag, 16. Oktober 2016

erinnerungsschwund

seit der geburt meines ersten kindes habe ich aus jedem monat fotos. wenn ich jetzt die fotoalben für die kinder* mache, freue ich mich über den blick in die vergangenheit. und bin ein bisschen traurig, weil ich mich häufig nur noch an das erinnern kann, was ich auf den fotos sehe. fast alles andere entschwindet mir.das führt manchmal dazu, dass ich bei einem erlebnis angst habe, einen augenblick nicht festgehalten zu haben. dadurch intensiviert sich das erlebnis natürlich auch nicht.
und andererseits: viel mehr als diesen einen augenblick jetzt gibt es sowieso nicht. und wenn ich mich an einen anderen augenblick erinnere, kann ich den jetzigen schon nicht mehr festhalten und er ist meiner erinnerung entschwunden.


* wen es interessiert: das macht stand heute 10+7+4+1-(3*3+5)/12 = 20,83 jahre fotos

für heute: erinnerungsschwund

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Samstag, 15. Oktober 2016

paralleluniversum

physik grenzt oft an philosophie. ich habe deswegen physik studiert, weil sie versucht, die welt zu erklären philosophie versucht dasselbe nur mit anderem werkzeug. die theorie der multiversen ist ein grenzthema, bei dem die physik (noch) keine experimentell bestätigbaren beweise hat und sich daher auf die kraft der gedanken verlässt.
als ich das erste mal den begriff paralleluniversum hörte, dachte ich, dass wir uns tatsächlich in lauter paralleluniversen befinden, weil jedes bewusstsein (und sogar jedes unbewusstsein) um uns herum einen eigenen satz an erfahrungen und erlebnissen und dann auch einen eigenen satz an verarbeitungsmechanismen aller sinneseindrücke hat. und wie intensiv es ist, wenn -selten und kurz- universen miteinander zu einer einheit verschmelzen.

für heute: paralleluniversum

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Donnerstag, 13. Oktober 2016

umständehalber


zum gestrigen eintrag möchte ich noch ergänzen, dass es natürlich möglich ist, sich ungeachtet jeden umstands dafür zu entscheiden, jeden leidvollen gedanken abzulegen. sehr lebensnah und praktisch orientiert finde ich da diese tipps. für fortgeschrittene ist the work von byron katie, die diesen ansatz so sehr zu ende denkt, dass, da jeden augenblick das intrinsisch richtige geschieht, niemals etwas an den umständen geändert werden muss.

für heute: umständehalber

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Mittwoch, 12. Oktober 2016

umstandslos

heute ein gedankengang gehabt zu den widersprüchlichen ansätzen mit den gegeben umständen umzugehen. inspiriert durch diesen text und vor allem seine kommentare und im versuch, die dem satz "wenn dir dein leben nicht gefällt, liegt es an deiner inneren einstellung" zugrunde liegende falle aufzubrechen, habe ich folgendes diagramm entworfen:



wenn man sich über die äußeren umstände nämlich beschwert, bekommt man oft zu hören, dass man an seiner inneren einstellung arbeiten soll ("entspann dich mal.", "andere haben es noch schwerer.", "denk doch mal positiv.", "du hast es dir doch ausgesucht."). das impliziert, dass man sich die misere selbst eingebrockt hat. manche miserable suppe ist aber von jemand anderem gekocht worden und ja, manchmal hat man sich selbst ausgesucht, nun diese auszulöffeln, aber nur, weil die alternativsuppe noch mehr zum kotzen ist.

mein punkt ist: auch die einstellung: "ehrlich, das und das läuft schlecht und so und so ist es gerechter / schöner / besser." ist eine grundlegend positive. und damit kann einem auch nicht die falsche innere einstellung vorgeworfen werden.

 für heute: umstandslos

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wellenritt

in den letzten tagen ging es mir schlecht: viel arbeit, viele kinder, wenig schlaf, leichter rotz. da bin ich dann immer geneigt, an den umständen zu leiden. dann gibt es nicht mehr love it, change or leave it, sondern nur noch den ständigen krampf im bauch. und dann? einige ätzende schuldzuweisende tage und ein riesenkrach später ist die luft klarer und es geht mir besser. und allen anderen auch.

mal gucken wie lange es hält.

für heute: wellenritt

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Dienstag, 11. Oktober 2016

allzeit

allzeit bereit heißt zeit alle.

allzeit breit heißt auch zeit alle.

für heute: allzeit

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Sonntag, 9. Oktober 2016

nichtdenken

wie ich mich neulich mit einem anfangzwanzigjährigen männlichen weißen unverheirateten kollegen über die in flächen- und finanzhinsicht eingeschränkte wohnungsauswahl in unserer stadt unterhielt und er das problem an der tatsache nicht sah, dass ich von meinem gehalt sechs menschen auf fünfundsiebzig qm unterbringe und er von seinem gehalt ein zimmer in einer vierer-wg auf hundertsechzig qm bezahlt ("also für uns isch echt günschtig.").
das größte privileg ist es, nicht nachdenken zu müssen. und ich nehme mich ncht aus. ich bin auch ziemlich weit oben in der privilegienkette.
die subtilen -ismen in unserer gesellschaft kommen bestimmt daher, dass man an diesem oberen ende nicht nachdenken muss. von: "ich kann mir nicht vorstellen, dass es das noch gibt. erstens weiß doch jede*r, dass das nicht gut ist. und zweitens habe ich das so nie miterlebt. außer wenn es mal lustig gemeint war." bis dahin, dass man über etwas nicht nachdenken muss und etwas nicht in aller tiefe nachfühlen kann, wenn es einen nicht betrifft.


für heute: nichtdenken

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Donnerstag, 6. Oktober 2016

gelbgetupft

die aneignung des uns umgebenden raums ist keine einfache. von 2011 bis 2014 haben wir einen stadtteilgarten betrieben und mit am spannendsten fand ich das gefühl, dass ich mich mit meiner umgebung verbinde. dadurch gewinne ich selbst an wirklichkeit. neulich haben die kinder und ich im hof einen mülleimer angemalt. mit gelben tupfen. da war es wieder, das verbindungsgefühl. das ich-gehöre-hierher-gefühl.
was mir schon seit jeher sehr seltsam vorkommt, ist der gedanke, dass einem land gehört. man baut einen zaun um ein stück land, baut sein häuschen drauf und sagt: "das ist meins." ich denke, da handelt es sich um die verwechslung von ich-gehöre-hierher und das-hier-gehört-mir.
das verwechselt man ja auch oft im menschlichen miteinander. ich-gehöre-zu-diesem-menschen versus dieser-mensch-gehört-mir. (deutlicher wird dieser gedanke vielleicht, wenn 'mensch' durch 'kind' ersetzt wird.)
nochmal zurück zum land, das einem gehört. das ganze funktioniert nur, wenn alle an dasselbe glauben. unser stadtteilgarten war eine zwischennutzung auf einem gelände, auf dem früher oder später gebaut wird. wem "gehört" denn nun dieses land mehr: der bank, die dafür geld bezahlt hat und außerdem für einen zaun mit schild dran? oder den leuten drumherum, die sich dort aufhalten und ihr gemüse anpflanzen können. hinweis: alle glauben ersteres. aber wieso geht der glauben an die besitztumsheiligkeit einher mit dem an die unbenutzbarkeit? wieso darf man land, das um einen herum ist, nicht einfach benutzen?
mein traum wäre, dass alle unbenutzen flächen vor allem in städten, einfach so betreten und gestaltet werden können. das dieser gedanke selbstverständlich ist und nicht der, dass solche flächen verbotenes gebiet sind. ich wette, dann wären diese flächen auch weniger verwahrlost. dann gäbe es ein das-gehört-ZU-mir-gefühl und das führt meistens zu großer sorgfalt und verantwortlichkeit.

für heute: gelbgetupft

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Montag, 3. Oktober 2016

schmidts

mein gehirn hat eine schwäche für hollywood-informationen. es kann sich blitzschnell und auf ewig merken, wer mit wem zusammen ist/war, wie viele kinder das paar hat und wie die heißen. selbstverständlich kaufe ich mir mich mit entsprechenden informationen versorgende frauenzeitschriften nie, aber ich freu mich wirklich auf lange wartezeiten bei arztterminen, damit ich mich auf den neuesten stand bringen kann.
eine andere möglichkeit, meinen ob der banalität schamvoll zusammengekrümmten intellekt zu beruhigen, ist natürlich, solche informationen als soziologische studie zu betrachten.
spaß beiseite. wer es noch nicht weiß: brangelina haben sich getrennt (und die kinder heißen übrigens maddox, pax, zahara, shiloh, vivienne und knox). hier gibt es dazu einen klugen text mit gesellschaftsanalyse.

für heute: schmidts

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Samstag, 1. Oktober 2016

sehenden auges

ich finde es sehr spannend wie cameron russel herausarbeitet, dass sie nicht nur glück hinsichtlich ihres genetischen, sondern auch ihres gesellschaftlichen erbes hatte. da bekommt das nature-nurture-spiel nochmal einen ganz anderen twist, über den ich nochmal nachdenken muss.



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